UTOPICS Kunst im urbanen Raum

Jacqueline Burckhardt

VORWORT

UTOPICS - SYSTEMS AND LANDMARKS

Die Geschichte zeigt es: Monsieur Marcel Joray hatte 1954 das Konzept für sein Projekt gut und weitsichtig ausgedacht, Joray, der enthusiastische Gründer der Schweizer Plastikausstellung (SPA) in Biel, ein Naturwissenschaftler, Kunstliebhaber und Verleger mit einem ausgeprägten Sinn für den Brückenschlag zwischen den Disziplinen. Unter freiem Himmel wollte er dem Publikum, bestehend aus einer natürlichen Mischung von Kunstinteressierten und zufälligen Passanten, einen repräsentativen Querschnitt durch die Vielfalt der damals aktuellen Schweizer Plastik bieten. Sicher spielten bei der Auswahl der Werke didaktische Kriterien eine Rolle; entscheidend für Joray war letztlich jedoch die Frage nach der ästhetischen Erfahrung und Emotion, die eine Skulptur zu erzeugen vermochte. "Nous espérions enfin voir vibrer le public pour la sculpture, art social par excellence", schrieb er als Président du Comité d'organisation im Pressetext zur Ausstellung von 1954.

Die Ausstellung fand damals im Park der Schule Rittermatte statt, ausserhalb des geschützten Rahmens einer Kunstinstitution, die es in Biel bis zur Eröffnung des Centre PasquArt 1990 auch noch gar nicht gab. So wurde aus der Not eine Tugend gemacht, und in unserem Land war ein folgenreicher Schritt in der Geschichte der Kunst im öffentlichen Raum getan. Seiner Neugier und Passion gemäss nahm sich Joray auch vor, die Sommerausstellung im Abstand von einigen Jahren wieder neu aufzulegen. So kuratierte er sie schliesslich ganze fünf Mal selbst. Jetzt, im Jahr 2009, kommt es zur elften Auflage der SPA, diesmal unter der Leitung des Genfer Kurators Simon Lamunière, bekannt auch als Kurator der Ausstellung Art Unlimited, die seit 2000 jährlich die Kunstmesse Art Basel begleitet.

Die ganze Reihe der SPA im Überblick gesehen widerspiegelt exemplarisch die Veränderungen der lokalen wie auch weltweiten gesellschaftspolitischen Situationen und damit verbunden die relevanten Entwicklungen in den künstlerischen Haltungen und Praktiken wie auch in den kuratorischen Sichtweisen. Bereits 1966 wollte die Ausstellung den „Rahmen für Experimente und Konfrontationen bieten“, und im Hinblick auf die zunehmenden globalen Vernetzungen in der Kultur und in der Gesellschaft wurde es zur Selbstverständlichkeit, die KünstlerInnen international auszuwählen, wobei weiterhin eine gewichtige Anzahl SchweizerInnen eingeladen sind. Seit 1991 gestalten sich die Ausstellungen thematisch: Tabula rasa (1991), Transfert (2000) und jetzt Utopics (2009). Die KünstlerInnen reagieren jeweils mit neuen Arbeiten auf die Themen, loten Gestaltungsmöglichkeiten aus und unterwandern Sehgewohnheiten. Ihre Arbeiten provozieren ein überraschendes und inspirierendes Spiel mit den gewählten Standorten, manifestieren sich dabei oft nicht lauthals als Kunst, sondern nisten sich manchmal gar subversiv und unmerklich ins tägliche Leben der Stadt ein. Meist entfaltet eine Arbeit ihr Potenzial gewinnbringender, wenn man vor ihr stehend nicht angestrengt und ratlos fragt: „was steckt eigentlich hinter diesem Werk?“, sondern, wenn man wissen will: „was geschieht zwischen mir und ihm, was vermag es an Gedanken und Empfindungen auszulösen?“

Die Wahl des diesjährigen Themas Utopics entspricht dem Phänomen, dass in jüngerer Zeit der Utopiebegriff auffallend oft und prominent in der Kunst auftaucht. KünstlerInnen beschäftigen sich kritisch mit den Zuständen der Welt und wollen mit ihren Mitteln und Methoden neue Realitäten mit utopischer oder manchmal auch dystopischer Energie aufladen.

Jacqueline Burckhardt ist Mitglied des Ehrenkomitees des SPA 2009 und Mitherausgeberin der Kunstzeitschrift Parkett, Zürich/New York.




  • 4 unterschiedliche Tischsetes , Parsifal, Expo 2009
    4 unterschiedliche Tischsetes
  • RMB City, Fei Cao, Expo 2009
    RMB City
  • Les mèches en lignes, Fries Holger + Jas Mona, Expo 2009
    Les mèches en lignes
  • Panarchistische Verfassungstelle, Beutler Martin, Expo 2009
    Panarchistische Verfassungstelle
  • Test tube, General Idea, Expo 2009
    Test tube
  • Kommunikation der Stadt, Holmkvist Saskia + Thal Andrea, Expo 2009
    Kommunikation der Stadt
  • Wir sind alle gewöhnliche Einzelwesen, Claire Fontaine, Expo 2009
    Wir sind alle gewöhnliche Einzelwesen
  • Fitiero cultural SL, de Barros Fabiana, Expo 2009
    Fitiero cultural SL
  • Beautiful Steps No 2, L/B, Lang Sabina + Baumann Daniel, Expo 2009
    Beautiful Steps No 2
  • Words from Africa, NSK State / IRWIN, Expo 2009
    Words from Africa
  • Ohne Titel, O.N.S. - die neue zeit, Expo 2009
    Ohne Titel
  • Vermisste Kunst, von Wedemeyer Clemens, Expo 2009
    Vermisste Kunst
  • Upside down Goggles, Höller Carsten, Expo 2009
    Upside down Goggles
  • Les envahisseurs, Steiner Gerda & Lenzlinger Jörg, Expo 2009
    Les envahisseurs
  • 28., République du Saugeais, Expo 2009
    28.
  • Annex the space between all languages, The Kingdom of Elgaland-Vargaland / KREV, Expo 2009
    Annex the space between all languages
  • Education Tool, Mullican Matt, Expo 2009
    Education Tool
  • Drapeau, Gygi Fabrice, Expo 2009
    Drapeau
  • Fahnen am Strandboden / Drapeaux au bord du lac, Micronations, Expo 2009
    Fahnen am Strandboden / Drapeaux au bord du lac
  • Ohne Titel, Group Bélier, Expo 2009
    Ohne Titel
  • Tanzperformance, Eurythmie Zuccoli, Expo 2009
    Tanzperformance
  • Reality Hacking No 272, Regli Peter, Expo 2009
    Reality Hacking No 272
  • Umwälzen, Schenker Katja, Expo 2009
    Umwälzen
  • Dispatches from the Crystal Frontier, Perret Mai-Thu, Expo 2009
    Dispatches from the Crystal Frontier
  • 13'720 cm3 du territoire de la république géniale, Filliou Robert, Expo 2009
    13'720 cm3 du territoire de la république géniale
  • Modul Lokal.int, Zäch René, Expo 2009
    Modul Lokal.int
  • Didactease, Gander Ryan, Expo 2009
    Didactease
  • The money square, Superflex, Expo 2009
    The money square
  • The Fence Shed, Poloni Marco, Expo 2009
    The Fence Shed
  • WIPO Corporate Flower Logo, Coffin Peter, Expo 2009
    WIPO Corporate Flower Logo
  • Notturno, Golinski Andreas / La Rada, Expo 2009
    Notturno
  • Small Liberties, Zittel Andrea, Expo 2009
    Small Liberties
  • Pneuma Somnabule, Seiler Kerim, Expo 2009
    Pneuma Somnabule
  • Zeichnungen, Egli René, Expo 2009
    Zeichnungen
  • Battlefield No 47, Leuba Jérôme, Expo 2009
    Battlefield No 47
  • 47°8'12.24, ECAL, Students project of the Visual Art Department of ECAL directed by Fabrice Gygi. Students: Yana Dubosson, Justine Dufour, Émilie Guenat, Alexandra Haddad Martinez, Anne Hildbrand, Sarah Margnetti, Natalia Nosova, Cathia Rocha, Orianne Zanone, Al, Expo 2009
    47°8'12.24
  • ohne Titel, Trouvé Tatiana, Expo 2009
    ohne Titel
  • SOS Gates - Territorial Phantom, State of Sabotage (SoS), Expo 2009
    SOS Gates - Territorial Phantom
  • Ideally, w+w, Wu Annie + Wojtyra Tonik, Expo 2009
    Ideally
  • Les Barbus, Zorro & Bernardo, Expo 2009
    Les Barbus
  • Toninstallation, 360°, Expo 2009
    Toninstallation
  • The Reading Sculpture, Rittener Didier / Demierre Carla / Martini Federica, Expo 2009
    The Reading Sculpture
  • For a referundum against referundum, Solakov Nedko, Expo 2009
    For a referundum against referundum
  • 14 Vorlesungen, L'école de Stéphanie, Expo 2009
    14 Vorlesungen